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Ökolandbau // Pommritz

Interview: Thomas Hieke, Inhaber Ökolandbau Pommritz UG. Hochkirch /// Milchziegenhaltung, Milchverarbeitung und Backstube /// www.oekolandbau-pommritz.de

Autorin: Anne


Wichtigste Werte: Nachhaltigkeit, Vertrauen und Kooperation


Juliane und ich gehen von unserem Büro im LebensGut Pommritz die Treppe herunter, biegen zweimal links ab und befinden uns schon vor der Tür unseres Interviewpartners. Heute sind wir mit Thomas Hieke vom Ökolandbau Pommritz verabredet, der hier seit 1993 Ziegenmilch ökologisch und artgerecht herstellt und verarbeitet. Die Käserei befindet sich direkt unter unserem Büro.

Während Thomas Hieke und seine Tochter Anne behutsam die Ziegenmilch in großen Kesseln zu Käsebruch verarbeiten, sprechen wir über ihre Arbeitsweise, Organisationsentwicklung und über Ziegenkäse.


Aus einem selbstversorgerischen Vereinsbetrieb heraus entstand ein wirtschaftlicher Betrieb, der ein Ziel hatte, welches sich bis heute nicht verändert hat: nachhaltig wirtschaften, mit Respekt vor der Umwelt, der Natur und den Menschen, die diese gestalten. Es gab ein theoretisches Konzept dem ein praktisches Experiment folgte. "Jeder musste seine Rolle in dieser Struktur finden, es gab nie eine Hierarchie oder einen Chef, der Entscheidungen abnimmt." Für die Mitarbeitenden aus teilweise streng hierarchischen Betrieben war diese neue Arbeitsweise schon damals herausfordernd, aber auch erlösend.


"Man arbeitete so, wie man es wollte, so, wie es wirklich Sinn machte. Wir konnten uns nicht leisten, Ressourcen zu verschwenden."

Thomas Hieke war Offizier bevor, er mit 28 in den Ökolandbau und die Gemeinschaft einstieg. Diese neue Form der Zusammenarbeit war für viele auch eine Art Therapie, denn nicht nur die Organisation sondern auch die Gemeinschaft und die Einzelpersonen entwickelten sich und lernten stetig. Die Gründungsatmosphäre hat viel zur Entwicklung beigetragen, der Pioniergeist war treibende Kraft. Heute können Thomas Hieke und sein Team vom Wissen und den Strukturen profitieren, Beziehungen stärken und sich mit ihrer Organisation nachhaltig am Markt platzieren.


"Es ist schon fast eine Lebensaufgabe, die eingebrannten Strukturen, Masken und Verhaltensweisen aufzulösen und ganz menschlich miteinander umzugehen."

"Meine Mitarbeiter:innen dürfen Vertrauen in mich haben und ich vertraue ebenso. Alles andere würde die Zusammenarbeit behindern.", erzählt Thomas Hieke. Die Aufgabenbereiche sind sehr klar und es gibt wenig abzustimmen. Um trotzdem im Austausch zu bleiben, ist das gemeinsame Mittagessen von Anfang an fest verankert, es wird abwechselnd gekocht.

"Ich mache unzählige Überstunden. Aber wenn ich den Satz sage, merke ich, dass er falsch ist. Ich arbeite nicht für irgendjemanden, sondern für mich und meine Angestellten, meine Arbeit ist vollkommen sinnvoll und eine Berufung.", erzählt er.





Thomas Hieke stellt fest: "Unser Betrieb deckt viele menschliche Bedürfnisse ab." Große Gehälter sind oft Schmerzensgeld, um fehlende Bedürfnisse wie Freiheit, Menschlichkeit oder eine positive Unternehmenskultur auszugleichen. Im Ökolandbau Pommritz braucht es diesen Ausgleich nicht - die Mitarbeitenden haben viele Vorzüge wie freie Entnahme der Lebensmittel, flexible Arbeitszeiten und eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe.


Das Rühren, was viele Stunden konzentrierte Arbeit erfordert, könnten auch Maschinen übernehmen. Aber Erfahrungen und Wissen kann man nicht ein zu eins an Maschinen weitergeben. "Arbeit ist für mich auch eine Lebensform. Die Wirtschaft ist meiner Ansicht nach ursprünglich ein sozialer Organismus, der den Menschen dient und nicht sich selbst. Auch die dörflichen Strukturen sind krisensicher: die Mikrokosmen überleben schon seit Jahrhunderten Kriege und Krisen."



Crowdfunding, gemeinsames Ausmisten mit Freiwilligen aus der Region, Hofarbeit gegen Kost und Logis. Die Mitarbeiter:innen sind sich dem Potenzial der Region und dem lokalen Charme bewusst und nutzen beide Komponenten sinnvoll für die Entwicklung des Hofes. Dabei fließen neue Ideen und Erkenntnisse ganz natürlich von außen mit ein.


Thomas Hieke erzählt von seinem Nachbarn, der nach seinem Feierabend am späten Nachmittag an lauen Sommertagen genüsslich auf dem Gartenstuhl liegt. Dann schaut er manchmal sehnsüchtig rüber, während vor ihm noch viele Stunden Arbeit liegen. Wir fragen, ob er manchmal tauschen möchte."Ich frage mich das auch sehr oft. Aber komme zu dem Schluss: warum vergleiche ich mich überhaupt? Ich habe eine gewisse Demut vor den Entscheidungen und meinem Leben, wie es jetzt ist. Es hat sich so entwickelt, und solange es nicht an irgendeiner Stelle weh tut, kann es nur richtig so sein.", sagt er.


Wir sind beeindruckt von der einerseits sehr harten Arbeit und von der Zufriedenheit und Erfüllung auf der anderen Seite. Die Balance zu halten ist sicher nicht einfach, aber dafür hat Thomas Hieke diesen Weg auch nicht eingeschlagen: es geht vielmehr darum, seine Zeit so zu verbringen, dass sie für ihn und seine Umwelt sinnvoll und nachhaltig ist.


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